Aufnahme der Bösrede. (קבלת להר) Kapitel 19

Du sollst nicht aufnehmen nichtiges Gerede. (II, 23, 1.)

§ 133. Eine Bösrede, die dir Nachteiliges von deinem Bruder, von deiner Schwester berichtet, höre nicht an; und hast du sie angehört, nimm sie nicht auf, daß du etwa auch nur im Geringsten in deiner Liebe und Achtung gegen deinen Bruder und deine Schwester diese Rede Folge haben lassest. Du weißt es, (Kap. 53.) dein Bruder kann kein Verbrechen begangen haben, das so groß ist als dasjenige, das in dem Augenblick der Bösredner begeht; und wäre dieser sonst dir der Achtungswerteste, in dem Augenblick stellt er sich selbst dir als Bösewicht da — du darfst ihn nicht anhören, noch weniger seiner Rede im Geringsten Glauben schenken.

§. 134. Ja, hörst du ihn an, — nimmst gar auf die Bösrede: so machst du dich selber zum Genossen seines Verbrechens, und trägst — wie unsere Weisen bemerken — noch größere Schuld. Denn, gäben sich nur erst die Menschen das Wort, keine Bösrede anhören zu wollen, die Bösredner unterblieben von selbst. Indem du daher das Böse anhörst, machst du erst die Bösrede möglich; und nimmst du sie gar auf und giebst ihr Folge in deiner Gesinnung gegen den Verleumdeten, so vollendest du erst des Verleumders Verbrechen; denn du ziehst groß die Saat des Hasses, die jener zu streuen versucht; und schmälertest du nicht Achtung und Liebe gegen den Verleumdeten, ‏—‎ des Verleumders Verbrechen prallte ja ab im Versuch und bliebe unvollendet.

§. 135. Wirst du gewarnt vor Anschlägen, die Einer habe auf dein Vermögen, auf deine Ehre, dein Glück, dein Leben, so fordert’s die Sicherheit, daß du dich hütest als ob es wahr wäre; aber denke, achte und liebe als wär’s durch und durch Lüge. Also fordert’s Liebe und Gerechtigkeit, zu der Gott dich auch in deinem Geiste und Gemüte gegen deinen Nächsten verpflichtet