KAP. 15. Beschalach - שמות טו בשלח von Rabbi Samson Raphael Hirsch

Kap. 15. V. 1 Damals sang Mosche Und Jisrael's Söhne Gott diesen Gesang; sie sprachen: Gott möchte ich singen, wie hoch, wie hoch Er gewesen, Roß und Reiter hat Er in’s Meer geschleudert! 2. Mein Sieg und Sang ist Gott, das ward mir zur Rettung; Der ist fortan mein Gott, ihm will ich Stätte sein.
Er war bereits meines Vaters Gott, ich will ihn erhöhen. 3. Gott ist ein Kriegesmann, Gott heißt er! 4. Pharao's Wagen und sein Heer hat Er in’s Meer geschleudert, und die Auserlesensten seiner Obern wurden in’s Schilfmeer hinein gesenkt! 5. Fluthen bedecken sie nun, sie sind in Schattengründe wie ein Stein hinabgefahren. 6. Deine Rechte, Gott, die sich in dieser Kraft machteinzig gezeigt, deine Rechte, G o t t, schreckt fortan jeden Feind. 7. In deiner Hoheit Uebermaaß zertrümmerst du, die wider dich sich aufrichten; hieltest du deinen Zorn nicht zurück, verzehrte er sie wie Stroh! 8. Und durch den Wind deines Verlangens hatten sich doch Wasser gethürmt, waren Fließende doch scheu wie eine Mauer zurückgestanden, waren doch Fluthen im Herzen des Meeres geronnen! 9. Und es sprach darum der Feind: Ich setze nach, erreiche, vertheile Beute; sättigen soll sich an ihnen mein Verlangen; ich zücke mein Schwerdt, meine Hand erobert sie zurück! 10. Da wehtest du mit deinem Winde, es deckte sie das Meer; schattig tief sanken sie wie Blei in mächtig wogende Wasser. 11. Wer ist wie du unter den Göttern, Gott! Wer wie du machteinzig in Heiligkeit! Gefürchtet in Thatenliedern, Wunder-Vollbringer! 12. Du strecktest deine Rechte — es verschlingt sie die Erde. 13. Dies Volk aber, das du erlöset, hattest du mit deiner Liebe zum Ziele geführt, hattest es mit deiner unwiderstehlichen Macht seiner heiligen Stätte zugeleitet. 14. Schon hatten Völker gehört und beben, kreisende Angst hatte schon Plescheth’s Bewohner gefaßt; 15. nun aber wurden Edom's Heerführer bestürzt, Moab’s Mächtige ergreift Zittern, aufgelöst sind alle Be- wohner Kenaan’s. 16. Es fällt über sie Schrecken und Angst, — wenn dein Arm sich groß zeigt, verstummen sie wie Stein, bis hinüber ist, Gott, dein Volk, hinüber dies Volk, das du erkaufet! 17. Du bringest sie heim, du pflanzest sie ein in das Gebirge deines Erbes, die für dein Weilen bereite Stätte, die, Gott, du erzielt, das Heiligthum, Gott, das deine Hände gegründet. — 18. Gott wird in alle Ewigkeit hin regieren; 19. denn Pharao's Roß mit seinen Wagen und mit seinen Reutern ist in’s Meer gekommen, da führte Gott über sie des Meeres Wasser zurück, und Jisrael's Söhne gingen in Trockenem mitten im Meere! 20. Mirjam, die Prophetin, Aharon's Schwester, nahm die Pauke in die Hand, und ihr nach zogen alle Frauen hinaus mit Pauken und mit Reigen. 21. Da entgegnete ihnen Mirjam: Singet Gott, wie hoch, wie hoch er gewesen, Roß und Reuter hat er in’s Meer geschleudert. 22. Mosche ließ Jisrael vom Schilfmeere aufbrechen, und sie zogen hinaus in die Wüste Schur. Sie gingen drei Tage in der Wüste und fanden kein Wasser. 23. Sie kamen nach Mara und konnten von Mara keine Wasser trinken, weil sie bitter waren; darum nannte es den Ort Mara. 24. Es murrte das Volk über Mosche und sprach: Was sollen wir trinken? 25. Er schrie auf zu Gott, und Gott lehrte ihn ein Holz, das warf er in die Wasser und die Wasser wurden süß. Dort gründete Er ihm Gesetz und Recht und dort erprobte es sie. 26. Er sprach: Wenn du nur auf die Stimme Gottes, deines Gottes, hören und, was in seinen Augen gerade ist, thun wirst, und wirst dein Ohr seinen Geboten hingeben und wirst alle seine Gesetze wahrem so werde ich all' das Leid, das ich in Mizrajim verhängt, über dich nicht verhängen; denn ich, Gott, bin dein Arzt.  27. Sie kamen nach Elim und dort waren zwölf Wasserquellen und siebzig Dattelbäume, sie lagerten dort am Wasser.

sittliche Freiheit bedingenden ‏,חקים‎ da ‏פרה‎ selbst die symbolische Proklamirung des Prinzip’s der sittlichen Freiheit, der ‏טהרה‎ ist. Statt ‏פרה‎ ist Sanhedrin 56, b. ‏כבוד אב ואם‎ genannt, das in seiner Unterordnung unter den elterlichen Willen die Erziehung zum freien Gehorsam, somit eben zur sittlichen Freiheit begründet. ‏דינין‎ sind ohne Weiteres die Grundprinzipien des socialen Rechts: משפט, und es bliebe nur zu erwägen, in welchem Theile des Textes eine Andeutung des ‏שבת‎ zu finden wäre. Vielleicht liegt dies in dem Worte ‏,שם‎ der Grundlegung selbst. Die Basis der ganzen sittlichen und socialen Gesetzgebung ist die Anerkennung des ‏,מלכות שמים‎ der Gottesherrschaft, d. i. der Hörigkeit der Welt und des Menschen mit seinen in die Welt eingreifenden Kräften an Gott, die Unterordnung des Menschen unter Gott überhaupt, und dieser Basis aller »Gesezlichkeit« des Menschen ist die Institution des ‏שבת‎ geweiht.

נסה ,נסהו, verw. mit נצח ,נצה ,נשה‏ ‎denen allen der Begriff: Jemanden zu einer ‎Leistung auffordern zu Grunde liegt, und eben so mit ‏ ,נסע ‏‎das das Weiterschreiten zu ‎einem andern Standpunkt bedeutet, heißt daher sowohl Jemanden oder Etwas aus die‏ ‎Probe stellen, prüfen, versuchen, als auch: üben. Ist ja jede Uebung nichts anderes, als‏ ‎das Versuchen einer Kraft an der Lösung einer bis dahin noch nicht, oder noch nicht hinlänglich gelösten Aufgabe. So: כי לא נסיתי באלה ‎(Sam. I. 17, 39.). In diesem letztern Sinne kann der Ausdruck ‏ נסהhier, und im ganzen Verlauf der Wanderung durch die Wüste, wie im folgenden Kap. V. 4. u. f. dahin verstanden sein, daß Gott ‎prüfungsvollen Lagen, in welche er Israel gebracht, sein Volk für die Erfüllung seines ‎Gesetzes üben wollte. Und so kann es auch hier verstanden sein. Allein da es hier nach שם שם לו וגו ‎steht, so kann es auch in der gewöhnlichern Bedeutung: erproben, verstanden werden, und zwar so, daß das Volk Subjekt und das Gesetz das Objekt in נסהו ist, ‎nämlich: dort gab ihm Gott die Grundlagen seines Gesetzes und dort erprobte es dasselbe, lernte es, durch die Versüßung der bittern Wasser, die Kraft der treuen Erfüllung des ‎göttlichen Willens kennen.

‎V. 26. ‏אם שמוע וגו bis ‏תעשה‎ scheint ein zusammengehöriger Satz zu sein. Die Verdoppelung des ‏שמוע חשמע‎ bezeichnet das ausschließliche hinhören auf die Stimme Gottes, um das zu vernehmen, was in seinen Augen das Gerade, d. h. Dasjenige ist, was in einem vorliegenden Falle das Entsprechende, das Rechte ist. Dadurch wird משפת die von Gott bestimmte sociale Ordnung bewirkt. Zu »hören«, d. h. dir zu sagen oder sagen zu lassen, was in dem vorliegenden Falle zu thun ist, dir ein Urtheil über das in gegenwärtigem Falle »Rechte« zu bilden oder zu verschaffen, bist du schon ohnehin durch den Fall veranlaßt, und die Forderung ergeht an dich nur, aus Gottes Wort dir das Urtheil zu holen. Anders ist es bei ‏,מצות‎ bei den dir von Gott auf deinem von ihm dir angewiesenen »Posten« ertheilten Geboten der positiven Förderung des eigenen und des Heiles des Nächsten, der Selbstveredlung, der Nächstenliebe u. s. w. Hinsichtlich ihrer würdest du, ohne Gottes Gebot, in den meisten Fällen gar nicht zu einer den Willen bestimmenden Thätigkeit des geistigen »Ohres« dich angeregt fühlen. Daher heißt es hier: ‏:והאזנת‎ und wirst dein Ohr in Thätigkeit setzen, ‏למצותיו‎ für seine Gebote, zu vernehmen, was Er von dir fordert. ‏שימור ,ושמרת כל חקיו‎ in Beziehung der göttlichen Gesetze ist immer ein zweifaches. Dieses Wort legt uns die göttlichen Gesetze als ein anvertrautes Gut in Händen, hinsichtlich dessen wir die Pflicht der Huth haben. Diese Huth ist eine zweifache: Die Sorge für die theoretische Kenntniß: »Lernen«; denn ein Gesetz, das dem Bewußtsein der Verpflichteten entrückt ist, ist »verloren«. Sodann die Sorge für die praktische Erfüllung: die sieh selbst controlirende Gewissenhaftigkeit, aus welcher die das Gesetz »schützenden« ‏גזירות‎ und ‏תקנות‎ resultiren. Diese »Huth« wird hier zunächst für ‏חוקים‎ ‎gefordert, die, unsere Sinnlichkeit und Willkühr beschränkend, am meisten Gefahr laufen, theoretisch außer Acht und praktisch außer Uebung zu kommen. In den allermeisten Fällen, wo das göttliche Wort die einzelnen Theile des Gesetzes aufzählt, werden ‏חקים‎ ‎zuerst, vor ‏משפטים‎ genannt. Denn eben die Erziehung und Heiligung der Sinnlichkeit innerhalb der mit den ‏חקים‎ gezogenen Schranken läßt erst Menschen hervorgehen, die den Anforderungen der Gerechtigkeit und der Liebe, wie Gott sie begreift und ausspricht, in ganzem Umfange und ganzer Höhe zu genügen vermögen. So ja auch oben ‏שם לו חק‎ ‏ומשפט‎. Hier aber stehen ‏משפטים‎ nnd ‏מצות‎ im Vordergrunde, weil hier auf die in Milzrajim geschaute und erfahrene Entartung gegensätzlich hingeblickt wird, und dort eben die sociale Entartung zunächst am Tage lag und Israel insbesondere fühlbar geworden, die in tieferm Grunde jedoch ebenfalls nur aus der individuellen sittlichen Entartung der hervorgewuchert war.

מחלה ist ‎ist nicht nur leibliche Krankheit, sondern jede Hemmung des Wohlbefindens,‏ ‎auch des Gemüthes, wie:‏ ואין חולה מכם עלי ‎(Sam. l. 22, 8.), des Gesammtdaseins wie: ‏ ובל יאמר שכן חליתי (Jes. 33, 24.), des Landes: ‏ ואת תחלואיה אשר חלה ד' בה‎(5. B. M.‏ ‎29, 21.), insbesondere auch die zum Zwecke der Züchtigung hervorgerufene:‏ הכית אותם ולא חלו‏ (Jirmija 5, 3) הכוני בל חליתי ‎(Prov. 23, 35.). Gott spricht: die Beobachtung ‎meiner Gesetze schützt dich vor erziehenden Leiden, die ich sonst über dich, wie über Mizrajim verhängen müßte. Gott läßt Menschen und Staaten nicht ohne Beachtung der מצות משפטים und חקים gedeihen, physisch und social gehen sie ohne dieselben zu Grunde, ‎und so ist die Beachtung der göttlichen Gesetze die prophylaktische Arznei für alles physische und sociale Leid.