Abschnitt 25. Wenn der Richter sich geirrt hat

§ 1. Jeder Richter, der sich in Geldsachen und zwar in Dingen, die allgemein bekannt sind, geirrt hat, muss, wenn die Gesetze hierüber ausdrücklich in der Mischna, oder dem Talmud, oder in den Büchern der späteren vornehmsten Rabbiner sich befinden, das Urteil zurücknehmen und nach dem Rechte sprechen. (Einige wollen, wenn der Richter durch bündige Beweise darthun kann, dass das Gesetz in dieser Sache bei den späteren Rabbinern unrecht angegeben sei, behalte er Recht, wenn der Talmud nicht dagegen ist; wenn jedoch der Ausspruch des Richter milder ist als der, welcher in den Büchern sich befindet, die sich unter den meisten Israeliten verbreitet haben, so gilt sein Urteil nicht, der Richter müsste denn von seinen Lehrern belehrt worden sein, dass es nicht gebräuchlich ist, nach dieser Schärfe zu verfahren). Wenn das Urteil aber nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, z. B. der, der das Geld empfangen hat, ist weit über See gereist, oder er ist ein Gewaltiger (mit dem man nichts ausrichten kann), oder er hat etwas für unrein, falsch erklärt, oder ein geschlachtetes Vieh als trepha (zu Essen verboten) angegeben, und es war koscher (erlaubt), man hat es aber schon den Hunden gegeben, so braucht er nicht zu zahlen, weil er es nicht absichtlich getan hat. (Einige aber streiten dagegen.)

§ 2. Hat er sich aber in einer Sache geirrt, die bei den Tanaim oder Amoraim (siehe Einleitung zur Übersetzung des ersten Abschnittes vom ersten Tractat des babylonischen Talmud, 1. B.) selbst unentschieden geblieben ist, und sind die Meinungen hierüber geteilt, hat (der Richter) die Meinungen des einen angenommen und wusste nicht, dass man sich schon allgemein nach dem anderen richte, so geht das Urteil zurück, wenn der Richter probat ist und Erlaubnis von der obersten Behörde hat, oder die Parteien ihn einstimmig angenommen haben, so braucht er nicht zu zahlen, wenn auch das Urteil nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. (Drei ungelehrte Richter sind eben so gut als einer der probat ist. Jedes Mal, wo das Gesetz zweifelhaft ist, kann der Richter, wenn er die Fähigkeit dazu besitzt, nach seinem Gutdünken richten, wo nicht, so soll er lieber die Sache auf sich selbst beruhen und das Geld dem Besitzer lassen. Jedes Mal, wo die späteren Rabbiner mit den früheren über eine Sache streiten, richtet man sich nach den späteren; wo sich aber eine Entscheidung von einem der Geonim gefunden hat, hat man nicht nötig, sich nach den späteren Rabbinern zu richten.)

§ 3. War der Richter, der sich geirrt hat, zwar probat, hatte er aber von der obersten nichtjüdischen Behörde keine Erlaubnis zu richten, und die Parteien haben ihn auch nicht einstimmig als Richter angenommen, hat er aber die Sache genau verhandelt und sich nur geirrt (siehe § 2), so bleibt zwar das Urteil, er muss aber den Verurteilten aus seinen Mitteln bezahlen; hat er jedoch die Sache nicht genau verhandelt, so geht das Urteil zurück, wenn dies nicht mehr möglich ist, so muss er aus seinen Mitteln zahlen. (Wenn nur drei Richter waren, und einer hat nicht mit gestimmt, so zahlen die beiden zwei Drittel der Summe, den Rest muss der Beteiligte einbüßen; waren fünf Richter und zwei haben nicht mit gestimmt, so müssen die drei das Ganze bezahlen.

§ 4. Wer aber nicht probat, auch von den Parteien nicht angenommen worden ist, ist wenn er auch von der obersten nichtjüdischen Behörde Erlaubnis zu richten hat, als ein Gewaltsmann (eigenmächtig Handelnder) zu betrachten und gehört nicht unter die Richter; daher haben seine Urteile keine Gültigkeit, sie mögen recht oder unrecht sein; hat sich ein solcher Richter geirrt, so muss er aus seinen Mitteln zahlen, kann sich aber von dem wieder bezahlen lassen, dem er das Geld unrechter weise zuerkannt hat.

§ 5. Hat ein Richter (ein befugter) jemanden irrtümlich einen Schwur zuerkannt und hat dieser, um nicht zu schwören, sich mit seinem Gegner verglichen, hat aber nachher erfahren, dass ihm der Schwur gar nicht zukomme, so ist der Vergleich ungültig, selbst wenn er durch einen Mantelgriff geschehen ist.