Über Zinsen

Über Geld auf Zinsen leihen.

 

Von Gesetzes wegen ist es erlaubt, einem Nichtjuden Geld auf Zinsen zu leihen; aber die Weisen haben solches nur erlaubt (aus Besorgnis, man könnte von ihnen verführt werden), um sich dadurch notdürftig ernähren zu können, aber auch für einen Gelehrten, bei dem obige Besorgnis nicht stattfinden kann, weil dieser sich nicht verführen lässt; oder endlich auf die Art, wie die Talmudisten es erlauben. Jetzt aber ist solches auf jede Art erlaubt, denn wir haben doch das ganze Jahr hindurch mit ihnen (den Nichtjuden) in Handel und Wandel zu tun, und dadurch kann Verführung genug stattfinden; auch ist es nicht abzusehen, wie durch Geld auf Zinsen leihen die Verführung sich vergrößern könnte. Einem abtrünnigen Juden kann man Geld auf Zinsen leihen, aber man darf nichts von ihm leihen. Einige Rabbiner wollen das erstere auch nicht erlauben, und es ist gut, schärfer zu verfahren, wenn man ihm ausweichen kann. Die Kuthäer (Samariter, sie haben sich nie vom Verdachte des Götzendienstes ganz reinigen können) haben in dieser Hinsicht einerlei Gesetz mit den Abtrünnigen. Die Karäer aber, die den Talmud nicht glauben, sind noch schlimmer als die Abtrünnigen, und man darf ihnen nichts (Geld) auf Zinsen leihen, viel weniger darf man Geld von ihnen auf Zinsen leihen. Daher darf man jemandem, welcher schon als Kind als Gefangener unter die Nichtjuden kam und vom jüdischen Gesetze gar nichts weiß, kein Geld leihen; ebenso darf man dem Sohne einer Abtrünnigen, welchen sie mit einem Nichtjuden bekam, kein Geld auf Zinsen leihen. Es sind viele Verbote im Gesetz wegen des Nichtleihens von Geld auf Zinsen, man muss solche deshalb sehr beobachten; der Leiher, der Bürge, die Zeugen sind ebenso Übertreter des Gesetzes als der Beleiher. Es ist kein Unterschied, ob man einem reichen oder einem armen Juden Geld auf Zinsen leiht. Dass der Leihrer ebenso strafbar ist als der Verleiher, findet nur statt bei Zinsen, die von Gesetzes wegen verboten sind – vorher bestimmte Zinsen bei der Leihung, aber nicht bei solchen Zinsen, welche uns vom Talmud verboten werden (wird weiter unten vorkommen); bei solchen Zinsen ist der Leiher nur strafbar wegen des Verbotes; Vor einen Blinden sollst du nichts legen, worüber er fallen kann (3. B. M. 19, 14), d.h. auch du sollst niemandem Anlass zum Sündigen geben. Wer (Juden) Geld auf Zinsen leiht, dessen Vermögen wird weniger werden, und es ist ebenso gut, als wenn er die Befreiung der Israeliten aus Ägypten und überhaupt den Gott  Israels verleugne. Wer vorgibt, dass das Geld, welches er auf Zinsen ausleiht, nicht das seinige sei, sondern einem Nichtjuden gehöre, den wird Gott zur Rechenschaft ziehen. Selbst wenn der Leiher bei der Rückzahlung dem Verleiher, ohne dass dieser es merkt, mehr gibt, als die Schuld beträgt, und es sind keine Zinsen bedungen, er sagt ihm aber auch nicht dabei, dass er ihm das Übrige als Zinsen gebe, so ist dies doch erlaubt. (War das empfangene Geld aber nicht als Schuld, sondern für verkaufte Ware, dann ist es erlaubt, mehr zu geben, als für die empfangene Ware bedungen war.) Selbst wenn der Leiher bei der Bezahlung (des geliehenen Geldes) sagt, er gebe ihm das Mehr als Geschenk, nicht als Zinsen, darf es der Verleiher doch nicht nehmen. Hat der Verleiher unerlaubterweise Zinsen genommen und muss er solche dem Gesetze gemäß zurückgeben, so kann der Leiher darauf verzichten wie bei Geraubtem. Der Leiher darf auch die Zinsen nicht als Geschenk annehmen unter der Bedingung, solches dem Verleiher wieder zurückzugeben. Man darf auch niemandem ein Geschenk machen, von dem man später willens ist, Geld zu leihen, wenn man ihm dies bei Überschickung des Geschenkes wissen lässt oder das Geschenk so beträchtlich ist, dass dies der Empfänger von selbst merken kann; das heißt so gut als Zinsen vorausgeben. Hat der Leiher dem Verleiher das Geld wieder zurückgegeben und ihm später ein Geschenk gemacht, so sind dies ebenfalls Zinsen, u. zw. verspätete und wird Staub von Zinsen, d.h. auf eine entfernte Art (indirekt) Zinsen nehmen, genannt. Nun kommen noch eine Menge Beispiele über solches indirektes Zinsen nehmen. Nach einigen Rabbinern  ist es erlaubt, dass ein Jude zu dem anderen sage: Gehe und leihe mir von N. Geld auf Zinsen; er kann dann dem Boten die Zinsen geben, um sie dem Verleiher zu bringen; denn nach dem Gesetz sind nur Zinsen verboten, die der Leiher dem Verleiher selbst gibt. Der Bote begeht auch keine Sünde, weil es nicht für sich selbst geschieht; es heißt freilich, der Bote eines Menschen ist so gut als er selber; aber wo eine sündhafte Sache ausgeführt werden soll, da gilt dieser Satz nicht. Man muss dies jedoch dem gemeinen Mann nicht bekannt machen und so bleibt es auch. Obschon einige Rabbiner noch Anstoß an dieser Erlaubnis nehmen und ein schärferes Verfahren haben wollen, so kann man sich doch auf die ersten Rabbiner verlassen, wenn es Not tut; jedoch müssen nicht allein die Zinsen, sondern auch das Kapital durch den Boten von dem Verleiher dem Leiher zugeschickt werden. Hat der Bote aber auch zugleich einen Schein ausgefertigt (selbst ohne Wissen des Leihers), worin der Name des Verleihers bemerkt ist, dann ist es so gut, als wenn der Verleiher selbst dem Leiher das Geld gegeben hätte und ist verboten. Unbestimmte Zinsen, welche nur von Talmuds wegen verboten sind, sind bei Geldern, die Waisen gehören, erlaubt; ebenso bei Geldern, die von einem Gelübde herrühren und für Arme oder für arme Studierende oder zum Bau einer Synagoge bestimmt sind. An einigen Orten ist der Gebrauch, dass Vormünder das Geld von Waisen auf bestimmte Zeit verleihen; dies ist aber unrecht. Abgesetzt wird jedoch ein solcher Vormund nicht, denn seine Absicht war zum Besten der Waisen. Auf unbestimmte Zinsen Geld leihen für Waisen ist erlaubt, so lange sie nicht erwachsen, wenn schon über 13 Jahre alt sind, weil sie (die Waisen) bis dahin noch nicht mit Geld umzugehen wissen. Wenn jemand Waisen Geld schuldig ist und sie bezahlen will, sagt aber, er hätte ihnen Zinsen von ihrem Gelde gegeben und will diese von der Schuld abrechnen, die Waisen sagen jedoch, sie hätten keine Zinsen erhalten, so sind sie ohne Schwur beglaubt. Wenn ein Vormund Waisengelder auf bestimmte Zinsen verliehen hat und der Leiher hat mit dem Gelde so viel verdient, als die Zinsen betragen, so muss er solche den Waisen zahlen. Hat ein solcher Vormund, der bestimmte Zinsen genommen hat, die Waisen beköstigt, so braucht er die Zinsen nicht zurückzugeben, auch die Waisen nicht (wenn sie erwachsen sind) und die Zinsen selbst bekommen haben; ebenso verhält es sich, wenn das ausgeliehene Geld für die Armen oder zu anderen heiligen Stiftungen bestimmt ist. Der Verleiher ist nicht ohne Beweise beglaubt, wenn er solches sagt, um seine Zinsen zu retten. Ob es dem Vormund erlaubt sei, Geld von einem Nichtjuden zum Bedarf der Waisen auf Zinsen zu leihen, wird im Abschnitt 169 vorkommen u.s.w. Man darf keine Sache leihen in der Absicht, mehr dafür wieder zu erhalten und wenn es auch weniger als ein Pfennig wert wäre; man kann deshalb nicht klagen; die Hauptsache ist, sobald der Verleiher oder Verkäufer für das Warten mit dem Gelde etwas mehr, als das Geliehene oder Verkaufte betrug, erhalten, so ist dies Zins, aber beim Verkaufen ist dies nur von Talmudswegen verboten; ein Staub von Zinsen, auf welchem nicht geklagt werden kann, d.h. wenn der Leiher damit einverstanden war; war dies aber nicht der Fall und der Verleiher hat sich die Zinsen mit Gewalt durch nichtjüdische Gerichte verschafft oder ein jüdischer Richter hätte sich geirrt und dem Verleiher die Zinsen zuerkannt, so müssen dieselben zurückgegeben werden. Ordentliche bestimmte Zinsen, welche bei der Leihung ausgemacht wurden, sind von Gesetzwegen verboten und können beim Gericht zur Rückerstattung angeklagt werden und das Gericht zwingt den Verleiher und kann ihn geißeln lassen, bis ihm die Seele ausgeht; aber das Vermögen des Verleihers kann das Gericht nicht angreifen. Hat jemand bestimmte Zinsen genommen und starb, so brauchen dessen Kinder solche nicht herauszugeben, es müsste denn eine bezeichnete Sache gewesen sein, welche er als Zinsen erhielt, z.B. eine Kuh, ein Kleid; wenn er Buße getan hat und darüber gestorben ist, die Sache jedoch nicht zurückgegeben hat. So geht es fort in noch vier langen Paragraphen.

Da das Ganze keine Bedeutung mehr hat, indem in den jetzigen Zeiten sowohl Juden als Nichtjuden sich gegenseitig Geld auf Zinsen leihen und verleihen, so können wir füglich den Rest dieses Abschnittes sowohl, als auch die folgenden Abschnitte 162 bis 168, welche sämtlich nur von dem Verbot auf Zinsen zu leihen und verleihen zwischen Juden untereinander handeln, übergehen und fangen an bei den Abschnitten 167 bis 169. 

Abschn. 167 – 169.

Wenn ein Jude, welcher von einem Nichtjuden Geld gegen Zinsen geliehen hat und das Geld zurückzahlen will, ein anderer Jude aber macht ihm den Vorschlag, er solle das Geld ihm geben, er wolle ihm die Zinsen, welche er dem Nichtjuden gibt, auch geben so darf er diesen Vorschlag nicht annehmen, selbst nicht, wenn der zweite Jude dem Nichtjuden einen Schein in seinem Namen ausstellte und Pfand und Zinsen dem Nichtjuden geben will; ist es doch geschehen, so muss der erste Jude dem zweiten die Zinsen, weil es bestimmte Zinsen sind, wieder herausgeben; ebenso, wenn der erste Jude einem Nichtjuden Geld ohne Zinsen schuldet und solches zurückzahlt und der Nichtjude sagt ihm, er solle das Geld dem zweiten Juden geben, er wolle die Zinsen mit ihm ausmachen, darf der erste Jude nicht darauf eingehen; hat aber der Nichtjude das Geld selbst vom ersten Juden empfangen und dem  zweiten Juden gegeben, so ist es erlaubt und der zweite Jude kann selbst die Zinsen dem ersten geben, damit er sie dem Nichtjuden übergebe. Ebenso, wenn der erste Jude das Geld dem Nichtjuden hingestellt und ihm gesagt hat, da hast du dein Geld, lege es auf die Erde, d.h. soviel als ich bin nun davon los, und der Nichtjude tat es, der erste Jude entfernte sich und der zweite nahm es wieder, so ist dies erlaubt; sagt der Nichtjude, er soll das Geld dem zweiten Juden zunächst in Verwahrung geben, nachher soll es bei ihm als Anleihe bleiben, so ist auch dies erlaubt, weil es von dem ersten nicht als Anleihe abgegeben worden ist; ebenso, wenn der zweite Jude keine Anleihe mit dem ersten Juden gemacht hat, sondern mit dem Nichtjuden und dieser sagt ihm, er soll das Geld von dem ersten Juden empfangen, so ist dies auch erlaubt, da der erste Jude nur als Bote des Nichtjuden zu betrachten ist, selbst  wenn er die Zinsen dem zweiten Juden gibt, damit er sie dem Nichtjuden übergebe. Wenn ein Nichtjude einem Juden auf Zinsen Geld gegen Zinsen geliehen und dies Geld wieder einem anderen Juden Geld gegen Zinsen geliehen und dies Geld wieder einem anderen Juden gegen Zinsen verliehen, so darf der erste Jude die Zinsen von dem Nichtjuden nicht empfangen, d.h. wenn der Nichtjude dem zweiten Juden im Auftrage des Ersten geliehen hat – nach dem Rabbi welcher sagt, es finden die Gesetze der Botschaft auch bei einem Nichtjuden statt – oder wenn dies auch nicht wäre, der Jude zwingt aber den Nichtjuden, ihm Zinsen zu geben und weiß, dass der Nichtjude den zweiten Juden zwingen wird, ihm die Zinsen zu zahlen, falls der Nichtjude ein Pfand vom zweiten Juden in Händen hat, er also gesichert ist und die Sache nicht im Auftrage des ersten Juden getan hat, da ist es auf jeden Fall erlaubt (siehe weiter unten). Wenn ein Nichtjude von einem Juden Geld gegen Zinsen geliehen hat und will dasselbe zurückzahlen, er begegnet einem Juden, welcher ihm den Antrag macht, das Geld ihm zu leihen und er wolle ihm die Zinsen jedes Mal zahlen, so ist dies erlaubt; ist es aber mit Wissen des ersten Juden geschehen, so ist es verboten. Wenn ein Nichtjude von einem Juden Geld auf Zinsen lieh, gegen Unterpfand und in dem Augenblick als er zahlen und sein Pfand einlösen wollte, kommt ein anderer Jude und behauptet, das Pfand gehöre ihm, er hätte es dem Nichtjuden gegeben, um dagegen Geld von ihm auf Zinsen zu leihen (er will wahrscheinlich die Zinsen sparen), so wird es nicht geglaubt. Er kann auch nicht Zeugen bringen, denn die Zeugen können nicht bezeugen, dass dies das nämliche Geld sei, das der Verleiher dem Nichtjuden gab, vielleicht behielt er das Geld und gab dem Juden anderes Geld von dem seinigen; wenn aber der Verleiher weiß, dass dies ein jüdisches Pfand sei oder zweifelt nur daran, weil es z.B. ein Kleid ist, das die Nichtjuden nicht zu tragen pflegen, so ist es im ersten Fall verboten und im zweiten – wenn er es nicht gewiss weiß – doch nicht ganz rechtlich, Zinsen davon zu nehmen.

Die noch übrigen 18 Paragraphe dieser Abschnitte, welche auch im Original zusammengezogen sind, drehen sich alle um den einen Punkt, wenn ein Jude von dem anderen durch Vermittlung eines Nichtjuden Zinsen genommen hat; natürlich werden alle möglichen Fälle hervorgesucht, und sind bei jetzigen Zeiten gar nicht mehr anwendbar. 


Ein Jude darf für keinen anderen Juden Bürge sein, der Geld gegen Zinsen von einem Nichtjuden geliehen hat; denn nach dem nichtjüdischen Gerichte wird der Bürge zuerst zur Zahlung angehalten und dieser wird natürlich auch den Juden, für welchen er Bürge ist, zur Bezahlung des Kapitals und der Zinsen anhalten; wenn es aber ausgemacht ist, dass der Schuldner zuerst gefordert wird, dann ist es erlaubt. Jetzt (sagt die Hagah im Namen des Turs) ist es gewöhnlich so, dass der Schuldner zuerst angeklagt wird; es braucht nicht erst ausgemacht worden zu sein, außer wo der Gebrauch anders ist. Nach einigen Rabbinern ist es nur verboten, Bürge zu sein, da wo der Gebrauch ist, dass der Verleiher mit dem Leiher gar nichts zu schaffen hat und der letztere den ersten gleich zum Bürgen schicken kann. Ist jemand Bürge gewesen für einen Nichtjuden, so muss dieser zwar die Schuld und die Kosten dem Bürgen wieder bezahlen, aber nicht die Zinsen u.s.w. Hat ein Jude von einem Nichtjuden Geld auf Zinsen geliehen und dieser die Zinsen mit zum Kapital gezogen und ist der Nichtjude hernach zum Judentume übergegangen, so erhält er auch die Zinsen; geschah die Zusammenziehung der Zinsen aber erst nach seinem Übertritt, so erhält er zwar das Kapital, aber nicht die Zinsen.  Wenn aber ein Nichtjude von einem Juden Geld gegen Zinsen geliehen hat und es hat dieser die Zinsen zum Kapital gezogen, selbst nach seinem Übertritt, so muss er auch die Zinsen bezahlen, denn sonst könnte man von ihm sagen, er wäre bloß deshalb zum Judentume übergegangen, um die Zinsen zu sparen.

(Die folgenden sechs Abschnitte handeln fortwährend über Zinsen nehmen zwischen Juden und Juden. Das Resultat ist, dass alles verboten ist, was auf  die allerentfernteste Art als Zinsen angesehen werden kann.)