Schwüre

Abschnitt 237-240

Über unbesonnene Schwüre (3. B. M. 5, 4) oder falsche, lügenhafte Schwüre (2. B. M. 20, 7).
Ein Schwur, der sich auf eine schon vergangene Sache bezieht, z.B. er schwört, er habe gegessen oder nicht gegessen, und dem ist nicht so; oder auf etwas Zukünftiges: ich werde oder ich werde nicht essen, und er hat dem entgegengehandelt; oder der Schwur lautet auf etwas ganz Gleichgültiges, z.B. er habe etwas ins Meer geworfen oder nicht, oder er werde solches tun oder nicht; oder auf etwas, worin keine Festigkeit, Dauer, Wesentliches ist smm (Mammesch), z.B. ich habe oder ich habe nicht geschlafen, oder ich werde oder ich werde nicht schlafen; oder über etwas, welches er nur durch andere tun kann, z.B. er habe jemanden etwas gegeben oder nicht gegeben; oder er werde jemanden etwas geben oder nicht geben; oder über etwas, was irgendein anderer getan oder nicht getan hat – alle diese Schwüre sind unbesonnene Schwüre, und wer so falsch geschworen hat, z.B. er habe etwas getan und dem war nicht so, musste ein Opfer bringen (zur Zeit des Tempels) usw.
Es ist nicht nötig, dass der Schwörer bei etwas schwört, sondern es ist genügend, wenn er nur sagte: Ich schwöre! Auch ist es nicht nötig, diese Worte in der hebräischen Sprache zu sagen, sondern es gilt in jeder anderen Sprache. Schwört jemand beim Himmel, bei der Erde, bei der Sonne u.dgl. m., so ist dies kein Schwur, obschon er nur dabei Gott, den Schöpfer derselben, in Gedanken hatte. Schwört jemand bei den zehn Geboten, so ist dies kein vollkommener Schwur usw. Schwört jemand ganz einfach, er wolle nichts essen, so darf er gar nichts essen, aber strafbar (ein Opfer oder 39 Schläge) ist er nicht eher, bis er so viel, als eine Olive groß ist, gegessen hat; sagt er aber ausdrücklich: gar nichts essen oder schmecken, so ist er schon strafbar, wenn er die geringste Kleinigkeit genießt. Lautet der Schwur bloß auf Essen, so darf er doch auch nichts trinken, denn im Essen ist Trinken mit inbegriffen; schwört er aber bloß auf Nichttrinken, so kann er essen. Schwört jemand, er wolle nichts Verbotenes essen, und hat es doch getan, so ist er des Schwures wegen nicht strafbar, denn dies ist ja schon vom Berge Sinai her verboten. Lautet aber der Schwur: auch nicht das Allergeringste, und er hat weniger gegessen, als eine Olive groß ist, dann ist er strafbar des Schwures wegen, denn auf weniger, als das Gesetz sagt (eine Olive groß), haftet der Schwur vom Berge Sinai her nicht. (Nach dem Talmud haben die damaligen Israeliten am Berge Sinai das Gesetz für sich und ihre spätesten Nachkommen angenommen, auch sind nach der Meinung des Talmuds alle Seelen der künftig geboren werdenden Israeliten damals am Berge Sinai gegenwärtig gewesen und haben das Gesetz für sich angenommen.)
Ebenso ist er strafbar, wenn der Schwur lautet: er wolle weniger als eine Olive groß von etwas Verbotenem essen, ebenfalls aus obiger Ursache. Schwört jemand, er wolle von einem toten oder schlecht geschächteten Vieh essen, oder sonst von etwas Verbotenem, so wird er mit 39 Schlägen gezüchtigt, er mag nun davon gegessen haben oder nicht usw. – Bei Schwüren ist es ebenso gut als bei Gelübden; der Schwur muss ordentlich ausgesprochen werden usw. (Siehe Abschnitt 232). Hat ein Jude einen Nichtjuden bestohlen und dieser hat ihn veranlasst, in Gegenwart anderer Juden zu schwören, dass er ihn nicht bestohlen hat, und die anderen Juden wissen, dass er falsch schwört, so müssen sie ihn zwingen, dass er sich mit dem Nichtjuden vergleiche und nicht falsch schwöre, selbst wenn er zum Schwur gezwungen würde, in dem durch den falschen Schwur Gottes Name entweiht würde; wo dies aber nicht der Fall ist und er muss schwören, weil sonst Lebensgefahr für ihn da ist, so kann er den Schwur im Herzen für ungültig erklären. – Ein Handschlag ist ebenso als ein Schwur; aber ein Handschlag, den sich die Kaufleute bei Abschließung eines Handels gegenseitig geben, ist nicht als Schwur zu betrachten. Hat jemand die Hand aufgehoben, in dem er das Gelübde gesagt: sowie ich jetzt meine Hand gegen Himmel oder gegen meinen Schöpfer aufhebe, so muss man ihn von dem Gelübde entbinden. Gibt jemand seinem Nächsten einen Handschlag auf etwas und ließ dies von dessen Willen abhängen, so kann der Nächste Verzicht darauf leisten; hat er aber einen ordentlichen Schwur darauf  getan, so muss man ihn davon entbinden, wenn er die Sache nicht länger halten will. usw.