Purim

Über das Purimfest
Die Ursache diese Festes ist zu finden in dem   Buche Esther;   das ganze Buch handelt von dieser Begebenheit. Am 13. des Monats Adar wird gefastet, weil Esther und die damaligen Juden auch gefastet haben. Ein jeder Israelite, groß wie klein, muss die Megilla, das Buch Esther, am 13. des Abends und 14. des Morgens lesen oder anhören. Die Pflicht, die  Megilla  zweimal zu lesen, geht   allen anderen  vor, mit Ausnahme des Begräbnisses eines Toten. Städte, die von Josua’s (Mosches Nachfolger) Zeiten mit einer Mauer umgeben waren, wenn sie es auch jetzt nicht mehr sind, lesen die Megilla am 15. des Monats Adar (siehe Esther 9,19). Ist jemand im Begriff, zur See zu gehen oder in der Wüste mit einer Karawane zu reisen und hat er keine Megilla, die er mitnehmen kann, so kann er solche schon vor   seiner Abreise,   von Anfang des Monats Adar lesen; erhält er aber am 14. eine Megilla, so muss er noch einmal lesen.
 Die Megilla (oder das Buch Esther), aus welcher man lesen muss (darf man nicht auswendig lesen), muss auf Pergament in hebräischer Sprache  geschrieben,   nicht gedruckt sein. Diejenigen, welche die hebräische  Sprache nicht  verstehen, haben diese Pflicht doch erfüllt, wenn sie die Megilla in dieser Sprache lesen hören. Ist die Megilla in chaldäischer oder in einer anderen Sprache geschrieben, so kann nur der solche lesen, welcher die Sprache versteht, und kein anderer; ist sie aber in hebräischer Sprache geschrieben und es hat sie Jemand einem anderen, in einer fremden Sprache, welche der Zuhörer versteht, vorgelesen, so hat dieser seine Pflicht nicht erfüllt, denn der  Leser hat durch die    Übertragung   die Megilla auswendig gelesen und dies ist verboten! Von den drei letzten Wörtern des 6. Vers im 9. Kap. bis inklusive das  erste  Wort des 10. Verses muss alles schnell in einem Atemzuge gesprochen werden, um  dadurch anzudeuten, dass die zehn Söhne Hamans auf einmal getötet worden sind (sehr wichtig!). Auch müssen außer der Megilla noch die Worte gesprochen werden: Verflucht sei Haman, gesegnet Mordechai, verflucht sei Seresch (Hamans Weib), gesegnet sei Esther,   verflucht seien alle Götzendiener, gesegnet sei Israel, auch darf nicht vergessen werden, zu sagen: Und auch Charbonah, einer von den Dienern des Königs, welcher für Israel war, soll zum Guten gedacht werde. Die Megilla wird beim Lesen ganz auseinander gerollt und offen dargelegt, gleichsam um das  Wunder gehörig zu zeigen. Nach dem Lesen wird sie wieder zusammengerollt. Es ist der Gebrauch, den 8. Vers des 2. Kap. (das Ende des Buches) ganz laut von der ganzen Gemeinde zu sprechen, weil alle diese Verse die Erlösung enthalten. Der Vorleser muss solche aber nochmals lesen. Auch ist der Gebrauch, Haman’s Bild auf Steine oder Stücke Holz zu zeichnen oder bloß den Namen Haman darauf zu schreiben und dann die Steine oder Stücke Holz so lange gegen einander zu schlagen, bis das Bild oder Name ausgelöscht ist oder auch (wie es noch geschieht) so oft der Vorleser der Megilla das Wort Haman ausspricht, mit einem Hammer auf den Tisch zu schlagen. Man kann sich denken, welchen Spektakel dieses in der  Synagoge macht,  besonders von Seite der Kinder. Auch sagen einige, während Haman genannt wird, die Wörter Jimmach Schmo, sein Name    soll ausgetilgt (ausgelöscht) werden oder sie sagen: Der Name der Gottlosen soll verfaulen, Spr. Sal. 10,7 oder auch: Ich will vertilgen (auslöschen) Amalek’s Andenken, 2. B M. 17,14.
 Alle diese Gebräuche soll man nicht abschaffen oder verspotten; denn nicht umsonst sind sie eingeführt. Die Megilla muss mit guter Tinte geschrieben sein wie die Gesetzrolle. Die Namen der zehn Kinder Haman’s müssen einer unter den anderen geschrieben werden, also jeder Name eine Zeile formieren, aber noch am Ende das Wort  tav Weeth (und). In dem letzten zehnten Namen atzyv Wajesatha muss das Waf v ganz in die Höhe stehen und etwas größer, das Jod, aber etwas kleiner als die anderen Buchstaben sein. die zehn Namen der Kinder Haman’s müssen deshalb unter einander stehen, weil selbe, einer über den anderen an zehn Galgen gehängt worden sind. Die Pergamentrolle muss drei Nähte von Spannadern haben, eine oben, eine in der Mitte und eine unten, aber die Naht muss außen sein; die Megilla muss von einem Juden geschrieben und das Pergament muss eigens dazu verfertigt und von einem reinen Vieh sein, kurz alles so wie beim Schreiben der Gesetzrolle. Vor dem Lesen der Megilla werden drei Segen gesprochen, über das Lesen der Megilla, über die geschehenen Wunder und über die erlebte Zeit. Das Loblied wird nicht gesungen, man fällt aber auch nicht auf das Gesicht (beim 6. Ps.). Eine Thora wird hervorgenommen und darin im 2. B. M. 17,8 bis 15 vorgelesen. Jeder muss an diesem Tage wenigstens zwei Gaben an zwei Arme geben.
 Es ist der Gebrauch, dass am 13. des Abends in der Synagoge ein Becken aufgestellt wird, worin ein jeder Erwachsene circa 71/2 Pfennige nach hiesigem Geld für die Armen hineinlegt. Man soll Purim, hinsichtlich des Almosengebens, nicht erst lange untersuchen, ob der Arme es auch nötig hat, sondern einem Jeden geben, der die Hand offen zum Almosen empfangen hält.  Es  ist  löblich,   eine große Mahlzeit an diesem Tage (am 14.) zu halten.
Ein jeder muss am Purim so viel Wein trinken, dass er den Unterschied zwischen den Sätzen: Verflucht sei Haman und gesegnet sei Mordechai nicht mehr weiß! Einige Rabbiner wollen es aber so arg nicht gemacht wissen, sondern mehr als gewöhnlich trinken und dadurch einschlafen und im Schlafe weiß man alsdann ohnehin diese Unterschiede nicht zu machen. Die Hauptsache sei, dass alles G’ttes wegen geschehe und dann kommt es nicht darauf an, ob Jemand viel oder wenig trinkt.
 Hat Jemand im Purimrausch seinen Nächsten Schaden verursacht, so hat er den Schaden zu ersetzen nicht nötig. Man  legt die Shabbath- oder Jom Tobkleider an. Man schaltet auch in der Tephillah (18 Gebete), beim Modimgebet und auch im Tischgebet nach der Mahlzeit eine ganz kurze Erzählung ein, weshalb man Purim feiert. Es ist Pflicht, dass ein jeder Hausvater dem anderen zweierlei Speisen als Geschenk schickt; hat man aber nichts zu verschenken, so tauscht man gegenseitig zweierlei Speisen gegen einander. Auch soll eine jede Hausfrau der anderen Geschenke an Speisen machen. Ein Mann darf jedoch einer Witwe keine Speisen zum Geschenk machen, denn es könnte dadurch eine zweifelhafte Verlobung entstehen; aber arme Männer durch Frauen Almosen zu schicken, ist nicht verboten. Am Purim kann man zwar arbeiten, aber Niemand wird einen Segen von solcher Arbeit haben, außer wenn man ein Haus für den sich verheiratenden Sohn baut u.s.w. Sowohl den 14. als den 15. des Monats darf man  nicht fasten, auch keine Leichenrede halten (klagen). Die Frauen (welche in den damaligen Zeiten die Hauptrolle bei diesen Gelegenheiten spielten) können an diesen Tagen zusammen Klagegeschrei machen, auch in die Hände schlagen, aber nicht wie gewöhnlich, dass eine vorspricht und die anderen einfallen. Nach dem Begräbnis muss aber an diesen Tagen alles Klagen aufhören. Es ist aber jetzt der Gebrauch, dass an diesen Tagen nirgends eine Trauer eines Toten wegen stattfindet; jedoch werden dem Trauernden diese zwei Tage von den sieben schweren Trauertagen abgerechnet. Purim  heißt dieses Fest, weil Haman gelost (Pur ist ein persisches Wort und heißt Los; in der Mehrheit Purim, die Lose) hat, welcher Tag wohl der beste zur Vertilgung der Juden sei. Man darf sich verheiraten am Purim, auch, wie es sich von selbst versteht, den erstgeborenen vier Wochen alten Knaben vom Priester auslösen und eine Mahlzeit dabei halten. Der Gebrauch, sich zu maskieren, bei Frauen, Männerkleider anzulegen, und umgekehrt, auch sich gegenseitig zu berauben, ist nicht sträflich an diesen Tagen, weil ja alles nur aus Freude geschieht; sonst wäre es gegen das 39. und 40. Verbot 5. B. M. 22,15; indessen soll man das Rauben nicht zu weit treiben. Wenn ein Schaltjahr ist, wo 13 Monate sind, nämlich zwei Adar-Monate, und das Purimfest auf den zweiten Monat gefeiert wird, soll man doch nach einigen Rabbinern den 14. Tag im ersten Monat wenigstens eine große Mahlzeit halten; der Gebrauch ist aber nicht so. Indessen soll man doch in diesem Falle an diesem Tage ein wenig besser als gewöhnlich essen, um auch nach diesen Rabbinern der Pflicht zu genügen. Ein zufriedenes Herz (schließt dieser Teil der Hagah) hat immer eine gute Mahlzeit, und der Beer hetib schließt mit dem frommen Gebet: Das Haus unserer Herrlichkeit (der Tempel) möge baldigst wieder erstehen; mit Furcht wollen wir ihm (G’tt) darin dienen; möge der Berg des Tempels wieder bereit sein als der vornehmste aller Berge bis in Ewigkeit.