KAP. 27. TOLDOT - בראשית כז תולדת von Rabbi Samson Raphael Hirsch

Kap. 27. V. 1. Es war nun, als Jizchak alt geworden und seine Augen zu dunkel waren um zu sehen, rief er seinen ältesten Sohn Esaw und sprach zu ihm: Mein Sohn! Er sprach zu ihm: Hier bin ich. 2. Er sprach: Siehe ich bin ja doch bereits alt geworden, weiß nicht den Tag meines Sterbens. 3. Und nun, nimm doch deine Geräthe, dein Gehänge und deinen Bogen und gehe aufs Feld und jage einmal mir ein Wildpret. 4. Und bereite mir Wohlschmeckendes wie ich es liebe, und bringe es mir damit ich es esse, damit dich meine Seele segne bevor ich sterbe. 5. Ribka aber hörte als Jizchak zu seinem Sohne Esaw sprach, und Esaw ging aufs Feld, Wild zu jagen um es heimzubringem. 6. Ribka aber hatte zu ihrem Sohne Jakob also gesprochen: Siehe ich habe deinen Vater also zu deinen Bruder Esaw reden hören: 7. Bringe mir doch Wildpret heim und mache mir Wohlschmeckendes damit ich esse, so will ich dich segnen vor Gott bevor ich sterbe. 8. Und nun mein Sohn, höre auf meine Stimme, in Betreff dessen, was ich dir befehle. 9. Geh’ doch zu den Schaafen und nimm mir von dort zwei gute Ziegenböckchen, damit ich sie wohlschmeckend deinem Vater bereite wie er es liebt, 10. dann bringst du sie deinem Vater und er isst, damit er dich vor seinem Tode segne. 11. Da sagte Jaakob zu Ribka, seiner Mutter: Siehe, Esaw mein Bruder ist ein haarichter Mann und ich bin ein glatter Mann, 12. vielleicht wird mein Vater mich betasten, so werde ich in seinen Augen wie ein Betrüger sein, und so werde ich auf mich Fluch und keinen Segen bringen. 13. Seine Mutter aber sprach zu ihm: Ueber mich komme dein Fluch, mein Sohn; nur gehorche meiner Stimme und gehe hole mir. 14. Da ging er und nahm und brachte es seiner Mutter; seine Mutter bereitete Wohlschmeckendes wie es sein Vater liebte. 15. Dann nahm Ribka die kostbaren Kleider ihres ältesten Sohnes, die sie bei sich im Hause hatte, und bekleidete damit ihren jüngern Sohn. 16. Die Felle der Ziegenböckchen hatte sie zuvor auf seine Hände und die Glätte seines Halses gekleidet 17. und gab nun das Wohlschmeckende und das Brod, das sie bereitet hatte, in die Hand Jaakob’s, ihres Sohnes. 18. So kam er zu seinem Vater und sagte: Mein Vater! Er erwiederte: Hier bin ich! Wer bist du mein Sohn? 19. Da sagte Jaakob zu seinem Vater: Ich, Esaw dein Erstgeborner, ich habe gethan wie du zu mir gesprochen; stehe doch auf und setze dich und esse von meinem Wildpret, damit mich deine Seele segne. 20. Da sagte Jizchak zu seinem Sohne: Wieso hast du so rasch erlangt, mein Sohn? Er sprach: Weil Gott dein Gott es vor mich gefügt. 21. Da sprach Jizchak zu Jaakob: Tritt doch näher, damit ich dich betaste, mein Sohn ob du wirklich mein Sohn Esaw bist oder nicht. 22. Da trat Jaakob zu seinem Vater Jizchak hin und dieser betastete ihn, und sprach: Die Stimme ist Jaakob’s Stimme und die Hände sind Esaw’s Hände. 23. Er erkannte ihn nicht, weil seine Hände wie seines Bruders Esaw’s Hände haaricht waren, und so segnete er ihn. 24. Er sprach: Du bist’s, mein Sohn Esaw? Er sprach: Ich bin’s. 25. Er sprach: Bringe mir es doch näher, damit ich von dem Wildpret meines Sohnes esse, damit dich meine Seele segne. Er brachte es näher; er aß. Er brachte ihm Wein; er trank. 26. Da sprach sein Vater Jizchak zu ihm: Tritt doch näher und küsse mich, mein Sohn! 27. Da trat er hin und küsste ihn, da roch er den Duft seiner Kleider und segnete ihn, und sprach: Siehe der Duft meines Sohnes ist wie der Duft eines Feldes, welches Gott gesegnet! 28. So gebe dir Gott von dem Thau des Himmels, und von den Fettigkeiten der Erde und eine Fülle von Korn und Most. 29. Völker werden dir dienen und Nationen sich dir beugen — werde aber ein Mann deinen Brüdern, daß deiner Mutter Söhne dir sich beugen! Wer dir flucht, dem wird dann geflucht, wer dich segnet wird gesegnet! 30. Es war, als Jizchak Jaakob zu segnen vollendet hatte, Jaakob war nur eben von seines Vaters Jizchaks Angesicht fort gegangen, war auch sein Bruder Esaw von seiner Jagd gekommen. 31. Da bereitete auch er Wohlschmekkendes und brachte es seinem Vater. Er sprach zu seinem Vater: Stehe mein Vater auf und esse von dem Wildpret seines Sohnes, damit mich deine Seele segne. 32. Da sprach sein Vater Jizchak zu ihm: Wer bist du? Er sprach: Ich bin dein Sohn, dein Erstgeborner, Esaw. 33. Da erfasste Jizchak ein überaus großer Schrecken und er sprach: Wer denn ist Jener, der bereits Wildpret gejagt, mir es gebracht, und ich auch von Allem aß bevor du kamst und ich ihn segnete? — Er soll auch gesegnet sein! 34. Als Esaw die Worte seines Vaters hörte, schrie er überaus laut und bitter auf, darauf sprach er zu seinem Vater: Segne mich auch, mein Vater! 35. Er sprach: Dein Bruder ist mit List gekommen, und er hat deinen Segen genommen. 36. Da sprach er: Nennt er darum sich Jaakob, daß er mich schon zweimal hintergangen, meine Erstgeburt hat er genommen, und nun hat er auch meinen Segen genommen! Er sprach: Hast du mir denn keinen Segen vorbehalten? 37. Da antwortete Jizchak und sprach zu Esaw: Sieh zum Herrn habe ich ihn dir gesetzt, und alle seine Brüder habe ich ihm zu Knechten gegeben, habe mit Korn und Most ihn gestützt — und dir nun, was soll ich dir thun, mein Sohn? 38. Da sprach Esaw zu seinem Vater: Ist dies dir denn der einzige Segen? Segne mich auch, mein Vater! Da erhub Esaw seine Stimme und weinte. 39. Da antwortete sein Vater Jizchak und sprach zu ihm: Siehe, der Erde Fettigkeiten wird dein Wohnsitz sein, und von des Himmels Thau von oben, 40. auf deinem Schwerdte wirst du leben Und deinem Bruder wirst du dienen; erst wenn du dich demüthigst, lösest du sein Joch von deinem Halse! 41. Da hasste Esaw Jaakob wegen des Segens, mit welchem ihn sein Vater gesegnet, und es sprach Esaw in seinem Herzen: Laß nur die Trauertage um meinen Vater heran kommen, so werde ich schon meinen Bruder Jaakob erschlagen. 42. Ribka wurden die Worte ihres ältesten Sohnes Esaw berichtet, da schickte sie hin und ließ ihren jüngern Sohn Jaakob rufen und sprach zu ihm: Siehe dein Bruder Esaw tröstet sich dich zu erschlagen; 43. und nun, mein Sohn, höre auf meine Stimme und mache dich auf, flüchte dich zu meinem Bruder Laban nach Charan; 44. bei ihm bleibst du einige Zeit, bis sich die Zorneshitze deines Bruders gelegt, 45. bis dann der Zorn deines Bruders von dir gewichen und er vergessen hat, was du ihm gethan, dann schicke ich hin und lasse dich von dort holen; warum soll ich denn auch eurer beider an einem Tage beraubt werden? 46. Da sprach Ribka zu Jizchak: Ich habe Unlust an meinem Leben vor den Töchtern des Chitter’s; wenn Jaakob eine Frau von den Töchtern des Chitter’s wie diese, von den Töchtern des Landes nimmt, wozu mir das Leben?


V. 1. Wir folgen, wie schon wiederholt bemerkt, unsern Weisen, und halten es nicht für unsere Aufgabe, die Apologeten unserer großen Männer und Frauen zu sein, so wenig wie das Gotteswort es unterlässt, auch Verirrungen und Schwächen von ihnen zu berichten. Hat Rebekka Jakob veranlasst, den Vater zu täuschen, so steht da ungeschminkt: ‏.בא אחיך במרמה‎ R. Chanan äußert sich ( ‏ב”ר‎ 67.) über die in diesem Kap. erzählten Vorgänge: ‏,כל מי שאומר הב“ה װתרן הוא‎ »wer etwa sagt, Gott lasse seinen Frommen Etwas hingehen, »fromme« Männer dürfen sich schon Etwas erlauben, ‏יותרון‎ ‏,מעיו‎ dem sollen die Eingeweide umgewendet, (eigentlich losgerissen) werden, ‏אלא מאריך‎ ‏רוחיה וגבי דיליה זעקה אחת הזעיק.יעקב אבינו לעשו אימתי נפרע לו בשושן הבירה ױזעק‎ ‏זעקה גדולה ומרה‎ (Esther 4, 1. wie 1. B. M. 27, 34.) Gottes Langmuth borgt lange und fordert doch zuletzt das Ihre, Einen Schrei ließ Vater Jakob den Esau schreien, und der ward in Susa bezahlt, wo Jakob’s Enkel über Esau’s Enkel ebenso bitter schreien musste.« ‏,ג‘ דמעות‎ »drei Thränen«, heißt es im Thanchuma, ‏ג’ דמעות הוריד עשו אחת מימינו ואחת‎ ‏משמאלו ואחת נסתלקה בתוך עינו והיא האכילתם לחם דמעה ותשקמו בדמעוח שליש‎ »drei Thränen weinte Esau, eine entquoll seinem rechten, eine seinem linken Auge und eine unterdrückte er, und sie, die bitterste, die nichtgeweinte, hat uns das Brod des Exils mit Thränen gesalzen und uns die Thränen in vollem Dreimaß zu kosten gegeben.« — Allein wenn eine besonnene, ruhige Betrachtung dieses Ereignisses eine Ueberzeugung aufnöthigen sollte, bei welcher dasselbe viel von seinem Herben verlieren dürfte, so glauben wir nicht dieselbe deshalb unterdrücken zu müssen, um nicht als Apologeten zu erscheinen. Wird ja immer noch genug übrig bleiben, das sich der Billigung entzieht, zumal wenn es an dein Charaktermaßstab eines Volkes gemessen wird, dessen Ehrennamen ”‏ ישורן lautet, das nur auf «geradem« Wege alle seine Ziele erreichen, und dem jede Krümme für jedes Ziel widerstehen soll. —

Suchen wir denn ein Verständniß der Handlungsweise der drei Hauptpersonen in diesem häuslicheu Drama, so ist uns Jakob’s Verfahren völlig klar und durchsichtig. Von vorn herein appellirt die Mutter an seinen blinden Gehorsam gegen ihren Befehl (V. 8.). Sie erwartet nicht, daß er es um seines Vortheils willen thun werde, erwartet, daß sein ganzer Charakter als ‏איש תם‎ sich dagegen sträuben werde, und schneidet daher jede Einwendung durch den mütterlichen Befehl und die Pflicht des kindlichen Gehorsams ab. Alles dabei geschehende Unrecht und alle daraus entstehenden Folgen übernimmt sie; er hatte nur zu gehorchen. Was Jakob that, geschah daher nur aus Gehorsam gegen seine Mutter, und seine Handlungsweise trifft nur der Tadel, daß auch der kindliche Gehorsam seine Gränze in dem Gebote des Sittengesetzes findet, wo man auch aus Gehorsam gegen eine Mutter keine Täuschung begehen darf.

Allein, was hat Rebekka wollen? Der ärgste Juden- und Bibel-Feind wird doch Vernunft, oder wenn man lieber will, Klugheit in ihrem Verfahren suchen müssen, ja, je verschmitzter ein solcher eine jüdische Aeltermutter darstellen möchte, um so weniger wird er ihr die vollendete Imbecillität, die kinderhafteste Dummheit anmuthen wollen. Und gleichwohl, wenn ihre Absicht nichts anderes gewesen sein sollte, als durch diesen Betrug den Vatersegen auf das Haupt ihres geliebten Jakob zu lenken, welchen irgend nur denkbaren Erfolg konnte sie davon erwartet haben! Schreibe man in ihrer Ansicht dem Vatersegen welche Wirkung man wolle zu, immer musste unausbleiblich der Erfolg in das Gegentheil ihrer Erwartung ausschlagen. Sollte der Vatersegen den vorzüglichen Gottessegen auf das Haupt des Gesegneten herabrufen, wie konnte sie glauben, — gelänge es auch den blinden Vater —, Gott, den Allsehenden, durch eine so erbärmliche Mummerei zu täuschen, oder glauben, der Abrahamssegen, den Gott an die Bedingung des zu übenden ‏צדקה ומשפט‎ geknüpft hatte, könne von demselben Gott auf dem Wege einer solchen List und Täuschung erschlichen werden! War aber mit dem Vatersegen irgend ein conkreter Vortheil verbunden, etwa ein Vorzug in der einstigen Erbschaft, wie hätte eine solche, auf Betrug beruhende Ertheilung nicht ‏,מקח טעות‎ nicht durch und durch in ihren Folgen nichtig sein sollen! War doch die Entdeckung des Betruges unausbleiblich. Wenn auch die Ausführung der Mummerei gelang, mit Esau’s Heimkehr war unabweislich Alles an dem Tag — das musste sich ja Rebekka sagen! Und dabei, wie plump die ganze Komödie, ein paar Ziegenfelle um Hals und Hände, wer als die vollendetste Arglosigkeit konnte damit getäuscht werden! — Was konnte sie mit einer solchen Komödie beabsichtigt haben — was Anders als eben die Komödie! Nur so, nur wenn die unausbleibliche Entdeckung von vornherein mit berechnete Absicht gewesen, gewinnt Alles Sinn und Verstand, und wird von Rebekka’s Standpunkt aus — begreiflich, und — wenn gleich nicht völlig zu billigen — doch zufällig gleichzeitig auch sehr wohl zu entschuldigen.

Als Einleitung zu diesen Vorgängen haben wir den Bericht gelesen, wie Esau der großen abrahamitischen Aufgabe aus freien Stücken den doppelten Faustschlag in’s Angesicht gegeben, indem er zwei chittische Frauen geheirathet. Wenn Etwas Jizchak über die vollständige Unwürdigkeit seines ältesten Sohnes hätte die Augen öffnen können, so wäre es ja Dies gewesen. Gleichwohl sehen wir Jizchak seinen ältesten Sohn rufen, um ihn zu segnen; d. h. ihn zum künftigen Führer und Lenker des abrahamitischen Hauses zu machen. Was muß Esau für ein »Jäger mit dem Munde« gewesen sein, wie muß er sich zu verstellen gewusst haben, daß er trotz seines ganzen unabrahamitischen Lebens den Vater getäuscht und sein Herz gefangen genommen!

In dem Wörtchen ‏נא‎ — הנה נא זקנתי‎ — »siehe ich bin ja doch schon alt« — liegt klar, daß er schon lange den Entschluß gehabt, einen solchen Segen zu ertheilen, daß dagegen aber remonstrirt worden. Rebekka hatte ihm wahrscheinlich stets gesagt: lasse es doch noch, hat ja noch Zeit, bist ja noch nicht so alt u. dgl., und hatte gehofft, inzwischen Jizchak zu enttäuschen. Es war ihr aber nicht gelungen. Was wollte sie nun? Was konnte sie wollen? Nichts, als ihm einmal ad hominem zu demonstriren, daß, und wie er getäuscht werden könne! Wenn ihm gegenüber selbst ein Jakob, ein ‏,איש תם‎ sich als ‏גבור ציד‎ verstellen kann, wie viel leichter einem Esau, sich ihm als ‏אש חם‎ zu verstellen! Und das — Jizchak’s Enttäuschung durch diese Täuschung‏ —‎ ‎gelang auch Rebekka vollkommen. Sobald ihm die Täuschung zum Bewusstsein kam, fasste ihn ein jäher Schreck — er sah, nach dem Ausdruck der Weisen, das Gehinnom vor sich geöffnet, sah wie er sein Leben lang getäuscht worden. Sofort fiel ihm die Binde von den Augen, er fasste sich rasch und fügte bewusstvoll und aus freien Stücken: ‏גם ברוך‎ יהי hinzu.

So hat auch ‏ר‘ יהושע בן לוי‎ wohl diese Vorgänge aufgefasst, indem er ( ‏ב”ר‎ z. St.) äußert: ‏לא ממה שהיתה רבקה אוהבח את יעקב יתיר מעשו עשתה את הדבר הזה אלא‎ ‏,אמרה לא יעול ויטעי בההוא סבא‎ »nicht etwa weil Rebekka den Jakob mehr als Esau liebte hat sie dies gethan, sondern damit dieser nicht mehr komme und den alten Vater täusche.«

Auch Jizchak’s Verfahren dürfte bei näherer Betrachtung des Segens, den er Esau ertheilen wollte, sich klarer herausstellen. Esau selbst hatte gar nicht erwartet, daß Jizchak ihm den ganzen Segen hätte ertheilen wollen, fragt er ihn ja sogleich: ‏הלא אצלת לי‎ ‏ברבה‎ hast du denn nicht mir einen Segen vorbehalten, d. h. du hättest doch gewiß, wenn du mich gesegnet hättest, noch einen Segen für Jakob zurückbehalten, gieb diesen Segen mir! Wohl gesteht ihm dies Jizchak zu, indem er ihm aber den Inhalt des Jakob ertheilten Segens mittheilt, zeigt er ihm, daß nur dieser Segen sich für Esau geeignet hätte, der für Jakob reservirt gewesene Segen für Esau völlig ungeeignet war.

Zwei Elemente waren durch seine beiden Söhne in seinem Hause vertreten, in Esau die materielle Macht, in Jakob die geistige. Beide Richtungen das war Jizchak wohl bekannt, sind für das Gedeihen der Nation nöthig. Es war Jizchak ferner wohl die Prophezeiung bekannt: ‏,ורב יעבד צעיר‎ der materiell Stärkere werde dem materiell Geringern dienen. Jizchak durfte aber geglaubt haben, die abrahamitische Bestimmung solle von einem Esau und einem Jakob in brüderlicher Vereinigung und gegenseitiger Ergänzung fortgetragen werden, und hatte deshalb Esau einen Segen materiellen Inhalts bestimmt, für Jakob aber einen geistigen in petto. Dieser für Jakob reservirte Segen hatte nun aber für Esau keine Bedeutung, dem Naturell und Sinn für diese geistige Seite des abrahamitischen Hauses abging. Rebekka aber kannte aus Laban’s Hause die Unmöglichkeit und den Unsegen einer solchen Zerklüftung, sie wusste aus Erfahrung, wie auch das Materielle nur in einem vom Abrahamsgeiste durchwehten Hause, in einer vom Abrahamsgeiste geleiteten Hand zum Segen und zur Heilesblüthe gelangt, sie schaute das Nichtige, sie erkannte in dem entgeistigten Materiellen den Fluch, und sah den Segen nur ungetheilt auf Einem Haupte erblühen. Solche Erwägungen dürften die Handlungsweise Beider erklärlich finden lassen. Sehen wir nun das Einzelne:

V. 29. Völker und Staaten beugen sich nicht der geistigen, beugen sich nur der materiellen Größe. Jizchak meint ja, Esau stehe vor ihm. Gott hatte Abraham verheißen, sein Volk werde zum Segen werden für alle Völkern. In dieser Aufgabe, meint Jizchak, sollte Esau das Pensum des materiellen Wohlstandes werden, dem sich der Respekt der Völker und Staaten zuwendet. ‏הוה‎ ist Imperativ, nicht Segen, sondern Aufgabe: durch die materielle Fülle, die dir Gott gewähren wird, werden Völker und Staaten sich vor dir beugen; suche nun aber auch mit Jakob um die geistige Größe zu wetteifern, daß nicht blos die Fremden dich achten, daß auch die Söhne deiner Mutter mit Achtung vor dir sich beugen, du auch ihnen als »Mann« dastehest, dann, wenn dir dies gelungen, dann: ‏!אורריך ארור ומברכיך ברוך