V. 8. Dein Wuchs gleicht der Palme

V. 8.    Dein Wuchs gleicht der Palme.
R. Hunja sagte im Namen des R. Dosa bar Tabat: Zwei Triebe hat Gott in seiner Welt erschaffen, den zum Götzendienst und den zur Buhlerei, jener ist bereits entwurzelt, dieser aber besteht noch. Gott spricht: Wer der Buhlerei widerstehen kann, den sehe ich dafür an, als hätte er beiden widerstanden. Gleich einem Schlangenbeschwörer, sagte R. Jehuda, der von zwei Schlangen nur die große in Gebrauch nahm, weil er dachte: Wer es mit dieser aufnimmt, den sehe ich so an, als nähme er es mit beiden auf. Ebenso hat Gott den Trieb zum Götzendienst entwurzelt, den zur Buhlerei jedoch hat er bestehen lassen. Er sprach nämlich: Wer dem Triebe der Buhlerei widersteht, der gilt mir so viel, als wenn er beiden widerstanden hätte. Wann ist der Trieb zur Abgötterei entwurzelt worden? Nach R. Banja in der Zeit Mordechais und der Esther, nach den Rabbinen in der Zeit Chananjas, Mischaels und  Asarjas. Ist denn jener Trieb durch Einzelne entwurzelt worden? wandten die Rabbinen gegen R. Banja ein. Hierauf antwortete dieser: Sind denn Mordechai und Esther die einzigen gewesen, heißt es nicht, viele haben Säcke und Asche angelegt s. Esther 4, 3, was doch beweist, dass die meisten der damaligen Zeit Gerechte waren. Das ist ein Beweis für die Rabbinen. R. Pinchas und R. Chilkia im Namen des R. Samuel dagegen berufen sich auf Ezech. 6, 9: „Eure Entronnenen werden meiner unter den Völkern gedenken, wo sie gefangen sind“, wo unter den Entronnenen Chananja, Mischael und Asarja zu verstehen sind, die dem Feuerofen glücklich entkamen. Es heißt nicht: ,s vbs rsa ,yvgb, sondern  ,s vbsn rsa ,yvgb. Gott spricht zu Israel Hos, 14, 9: „Ephraim, was soll es mir noch weiter mit den Götzen?“ d. i. was soll mir der Trieb zum Götzendienst? „ich erhör es“ d. i. ich hasse ihn (er ist mir zuwider). „Schau ich es nicht an?“ d. i. haben wir nicht vor dir im Liede unsere Huldigung dargebracht? Hieraus kannst du sehen, dass ich den Trieb zum Götzendienst entwurzelt (unterdrückt) habe. Wenn dem so ist, warum gerieten denn aber die Israeliten in den Tagen Hamans in Gefahr? Nach den Rabbinen geschah es deshalb, weil sie sich dem Götzendienste ergeben, nach R. Simeon ben Jochai, weil sie von den Speisen (dem Gekochten) der Heiden gegessen hatten. Die Rabbinen sprachen zu R. Simeon: Dieses ließen sich aber die Männer doch nur in der Burg Susa zu Schulden kommen? s. Esther 1, 5. Dieser erwiderte ihnen   darauf: Werden denn nicht alle Israeliten für einander verantwortlich gemacht? s. Lev. 26, 37: „Und sie stürzen einer über den andern“ d. i. einer durch die Schuld seiner Brüder. Er sprach ferner zu ihnen: Wenn eure Meinung richtig wäre, so erklärtet ihr ganz Israel der Vernichtung schuldig s. Ex. 22, 20: „Wer andern Göttern opfert, der soll verbannt werden.“ Sie sprachen: Trotzdem haben sie dem Götzen nicht mit ganzem Herzen gedient, wie es Thren. 3, 33 heißt: „denn nicht von seinem Herzen plagt er“, obgleich es heißt das.: „Er betrübet die Menschenkinder“ (d. i. er straft sie nicht nach Gebühr). Er setzte aber doch einen harten Menschen, den Nebucadnezar, über sie, um sie zu versuchen, und dieser erhob sich und brachte ihre Wunde zum Vorschein. R. Berachja sagte im Namen des R. Levi: An zwei Orten haben die Israeliten sich gegen Gott vergangen, es komme der Mund am Sinai und sühne den Mund von  Babel. Am Sinai mit ihren Munde, aber nicht mit ihren Herzen s. Ps. 48, 36, in Babylon mit ihrem Herzen, aber nicht mit ihrem Munde, wie es heißt Thren. 3, 33: „Nicht von seinem Herzen plagt er“, obgleich es heißt: „Er betrübet die Menschenkinder.“ Er brachte aber einen großen Mann über sie, nämlich den Haman, einen rachsüchtigen Feind, und er brachte ihre Wunde zu Vorschein s. Esth. 7, 6. Nach der Meinung der Rabbinen trieben die Israeliten zurzeit Nebucadnezar’s Götzendienst, eine Ansicht, welche von R. Simeon ben Jochai aber nicht geteilt wird. Nach der Meinung der Rabbinen hatte Nebucadnezar nämlich ein Götzenbild errichten und hierzu 23 aus seinen Völkerschaften  und 23  aus  der Mitte Israels ausgehoben. Nach der Meinung des R. Simeon ben Jochai aber ließ Nebucadnezar ein Götzenbild aufstellen, von jeder seiner Völkerschaften drei und ebensoviel von den Israeliten ausheben, nämlich Chananja, Mischael und Asarja. Diese aber weigerten sich und beteten das Bild nicht an, sie gingen vielmehr zu Daniel und sprachen: Unser Meister Daniel! Nebucadnezar hat ein Götzenbild aufstellen und von jeder Nation drei aussondern lassen, uns hat er von Israel ausgesondert, was rätst du uns? sollen wir uns vor ihm niederwerfen oder nicht? Er antwortete ihnen: Sieh, vor euch ist der Prophet, geht zu ihm! Sie gingen zu Ezechiel und richteten an ihn dieselbe Frage und erhielten von ihm die Antwort: Ich habe bereits von meinem Lehrer Jesaja den (bedeutsamen) Wink erhalten: „Verbirg dich auf einen kleinen Augenblick, bis der Zorn vorüber ist s. Jes. 26, 20 (d. i. verbergt euch, ergreift die Flucht). Willst du, entgegneten sie, dass man sage, alle Völker haben das Bild angebetet? Was meint ihr? fragte er. Wir möchten dasselbe bemängeln und uns nicht vor demselben niederwerfen, damit man sage: Vor dem Bilde haben alle ihre Knie gebeugt, nur die Israeliten nicht. Wenn das eure Meinung ist, sagte er, so wartet nur, bis ich die Gottheit (hrvbgb) befragt habe, wie geschrieben steht Ezech. 20, 1: ,,Es kamen Männer von den Ältesten Israels, Gott zu befragen und setzten sich vor mir nieder.“ Wer waren sie? Chananja, Mischael und Asarja. Und Ezechiel sprach vor Gott: Herr der Welt! Chananja, Mischael und Asarja wollen ihr Leben zur Heiligung deines Namens hingeben, wirst du ihnen beistehen oder nicht? Nein, war die Antwort, sage ihnen, wie geschrieben steht das. V. 3: „So spricht der Ewige, ihr kommt, mich zu befragen“ d. i. nachdem ihr die Zerstörung meines Hauses, den Brand meines Heiligtums und die Zerstreuung meiner Kinder unter den Völkern verschuldet habt, kommt ihr mich zu befragen? „So wahr ich lebe, wenn ich mich von euch befragen lasse!“ In dieser Stunde brach Ezechiel in Klagen und Jammer aus und rief: Wehe den Feinden Israels! Wehe! der Überrest Jehudas ist nun bis auf diese Männer verloren s. Dan. 1, 6. Diese Antwort wurde ihm und er weinte und ging hinweg. Als er       zurückkam, fragten sie ihn: Was hat dir Gott eröffnet? Er billigt euer Vorhaben nicht. Dennoch wagen wir es und geben zur Heiligung seines Namens unser Leben hin. Dass es so war, kannst du an dem erkennen, was sie, ehe sie zu Ezechiel kamen, sagten. Sie erklärten vor Nebucadnezar: Wir kehren uns nicht an deinen Befehl, der Gott, den wir anbeten, kann uns aus den Flammen und aus deiner Hand erretten s. Dan. 3, 16. 17. Und nachdem sie bei Ezechiel gewesen waren und seine Antwort gehört hatten, sprachen sie zu Nebucadnezar: Wenn aber nicht, so sei dir kund, o König d. i. mag er uns retten oder nicht, deinen Gott beten wir nicht an und vor dem von dir errichteten Bilde fallen wir nicht nieder s. das. V. 18. Als sie Ezechiel verlassen hatten, erschien ihm Gott und sprach: Ezechiel! du  meinst, ich werde ihnen  meinen Beistand versagen? Nein, er soll ihnen nicht fehlen s. Ezech. 36, 37. Entlasse sie ohne Bescheid (eig. sage ihnen nichts von mir), lass sie nach ihrem Gutdünken handeln, ohne sich auf eine Verheißung von mir stützen zu können, so wird ihre Belohnung umso größer sein, wie Prov. 10, 9 geschrieben steht: ,,Wer in Frömmigkeit wandelt, geht sicher.“ Was taten sie? Sie zerstreuten sich unter die Volksmengen und sprachen: Wenn er auch nicht uns rettet. so wisse! darum schwören auch die Leute bei dem, der die Welt auf drei Säulen gestützt hat d. i. wie manche sagen, auf Abraham, Jizchak und Jacob, oder wie andere meinen, auf Chananja, Mischael und Asarja.
Dein Wuchs gleicht der Palme (rmtl).
Wie über die Thamar (rmt), so war auch über jene drei Männer der Feuertod verhängt worden und sie haben ihn nicht erlitten. Welche Gestalt hatte das Feuer? Es war nach R. Eleasar wie eine Art von Glashaus,  nach R. Samuel wie eine Art Glanz.