Über Weissagen, Ahnen, Verwünschung und Zauberei

Abschnitt 179.

Über Weissagen, Ahnen, Verwünschung und Zauberei.
Man soll die Sternseher und Schicksalsdeuter nicht um Rat fragen, denn es heißt (5. B. M. 8, 13): „Ganz sollst du dich halten an Gott, deinen Herrn“, und es versteht sich von selbst, dass man keine Zauberer, Wahrsager und Glücksdeuter befragen darf. Es ist der Gebrauch, dass man kein Geschäft an einem Montag oder an einem Mittwoch anfängt, weil die Planeten an diesen Tagen nicht günstig sind und dass man nur um die Zeit des Vollmondes sich verheiratet. Auch ist der Gebrauch, dass man am ersten Tage des Monats kein neues Buch (in der Schrift oder im Talmud) zu lernen anfängt. Alles, wovon jemand überzeugt ist, dass es gegen sein Glück ist, das soll er nicht tun und sich nicht auf ein Wunder verlassen; nur soll er nicht forschen darnach. (5. B. M. 18, 13.) Sagt jemand: mein Brot ist mir aus dem Munde gefallen, oder mein Stock aus der Hand, oder mein Sohn hat mir hinterwärts zugerufen, oder ein Hirsch ist mir begegnet, oder eine Schlange ist mir an der rechten oder ein Luchs an der linken Seite vorübergegangen, und will er deshalb keine Reise unternehmen oder kein Geschäft anfangen; ebenso wer ein Wahrzeichen an deinem Maulwurf, an Vögeln und Sternen bemerkt, oder jemand zu seinem Nächsten sagt: morgen kann ich dich nicht bezahlen, es ist ein Sonntag, oder ein Tag nach Neumond, oder er sagt: schächte diesen Hahn, denn er hat wie ein Rabe gekräht, oder dieses Huhn, es hat gekräht wie ein Hahn: dergleichen Sachen sind verboten. Einige Rabbiner behaupten, wenn man die Ursache nicht angibt, warum man ein solches Huhn geschächtet haben will, so ist es erlaubt und so ist es auch Gebrauch. (Der Kommentator Ture Sahab sagt: weil dies gegen die Natur des Menschen ist; er schauderte davor, ein Huhn krähen zu hören, was bei den anderen obgenannten Sachen nicht der Fall ist.) Der Kommentator Zisze Cohen erlaubt auch, die Ursache dabei zu sagen, es wäre jetzt so der Gebrauch. Nach dem Bau eines Hauses, nach der Geburt eines Kindes und nachdem man sich verheiratet hat, kann man ein Zeichen nehmen. Wenn das Handlungsgeschäft nach einer dieser Tagesbegebenheiten dreimal hintereinander glückt, so glücken alle folgenden, wo nicht, so soll man nicht zu viele Geschäfte unternehmen, denn sie könnten missglücken. Ebenso ist es erlaubt,  zu einem Kinde zu sagen: Sage mir deinen Spruch (ein jeder Jude muss kurz vor Beendigung der Tephila der 18 Gebete einen Spruch aus den Schriften sagen, den er sich selbst wählt oder seine Eltern für sich wählen lässt); dieser Spruch soll nun für den, welcher ihn von dem Kinde zu hören verlangt, als eine Art Weissagung gelten. Einige Rabbiner wollen erlauben, dass man sich ein Zeichen machen könne für das Zukünftige, wie Elieser (der Diener Abraham`s) und Jonathan (der Freund des nachmaligen Königs David) getan haben; einige Rabbiner verbieten es wieder: „Wer einfältig ist und verlässt sich auf Gott, wird mit Gnade umgeben werden“. Auch Bannen, d. i. durch einen leisen Spruch bewirken, dass Tier (wilde vierfüßige), Schlangen, Eidechsen, Mücken, Flöhe ec. sich auf einem Orte versammeln (in der Wüste), um den Menschen nicht beschwerlich zu fallen, ist verboten (5. B. M. 18, 11). Wen eine Eidechse gebissen hat, der darf sie besprechen, selbst am Shabbath ; obschon die Sache gar nichts hilft, haben es doch die Weisen erlaubt, indem ein solcher Biss sehr gefährlich ist und damit der Gebissen dadurch einige Beruhigung erhalte und nicht verrückt werde. Wer von einer Schlange oder Eidechse verfolgt wird, der kann sie bannen, damit sie ihn nicht beschädige. Wer eine Wunde oder eine innerliche Krankheit bespricht und ausspeit, nachher einen Spruch aus der Thora liest, der hat keinen Teil an jenem Leben; speit er dabei nicht aus, so ist es doch immer verboten; wo aber Lebensgefahr ist, da ist alles erlaubt. Nach einigen Rabbinern ist es nicht verboten, wenn der Spruch nicht in der hebräischen, sondern in einer anderen Sprache gesprochen wird. Über ein Kind, welches krank geworden ist, darf man keinen Spruch lesen und man darf auch nicht eine Sepherthora auf dasselbe legen, um es dadurch zu heilen, das heißt wenn keine Lebensgefahr da ist, denn das Gesetz (die Thora) ist für die Seele, aber nicht für den Körper. Wohl aber darf ein Gesunder Sprüche lesen, um sich dadurch vor den bösen Geistern zu schützen (vorzubeugen), dass sie ihn nicht beschädigen können. Den Gürtel zu messen und einen Spruch dabei zu sagen, ist auch am Sabbath erlaubt. Man kann sich durch ein Amulet (Kemiim) heilen (siehe O. Ch. Absch.301), wenn auch Namen (Gottes) sich darin befinden; ebenso kann man sie tragen, wenn gleiche Sprüche aus dem Chumasch sich darin befinden, Alles nur als Vorbeugungsmittel. Ist aber die Wunde oder die Krankheit schon da, so darf man auf diese Weise nicht heilen; auch ist verboten, noch mehr Sprüche in der Kemiim zu schreiben. Ein Totenbefrager ist der, der sich aushungert und auf dem Friedhof übernachtet, damit ein unreiner Geist auf ihm ruhen soll. Einen Kranken zu beschwören, dass derselbe nach seinem Tode zurückkomme und alle Fragen an ihn beantworten soll, ist erlaubt. Einige Rabbiner erlauben sogar das Beschwören eines Toten, wenn man nämlich nur den Geist und nicht den Körper beschwört. Augenverblenderei (Taschenspielerei) ist verboten, aber durch das kabbalistische Buch Jezierah etwas zu tun, ist erlaubt, denn, heißt es im Kommentar Ture Sahab, es sind heilige Namen und Gott hat ihnen die Kraft beigelegt, dass berühmte fromme Männer und Propheten durch sie wirken können; wer dies tut, zeigt die Größe und Macht Gottes; nur müssen die, welche dies tun, dabei in der höchsten Heiligkeit und Reinheit sein, damit solches  nur geschehe, um den Namen Gottes zu verherrlichen, und weil dies nötig ist zur Ausübung eines großen (wichtigen) Gebotes. Dies alles ist aber jetzt leider unserer vielen Sünden wegen nicht mehr der Fall, daher soll man jetzt so etwas nicht mehr tun, und wer es unterlässt, der wird gesegnet werden.
Sich mit bösen Geistern (Teufeln) einzulassen, ist verboten. Einige erlauben, sie wegen einer gestohlenen Sache zu befragen (den Dieb auszuforschen) und dergleichen mehr. Auf jeden Fall ist es erlaubt, die Teufel durch heilige Namen zu beschwören, aber die meisten, die sich damit beschäftigten, wurden beschädigt; wem also sein Leben lieb ist, der entferne sich von ihnen – den Teufeln. Das Haus mit einem wohlriechenden Kraut auf Feuer zu räuchern, ist verboten, denn es könnte den Schein haben, als ob man den Teufeln opfere. Einige wollen es erlauben, wenn es geschieht, um den übliche Geruch, der im Hause herrscht, zu verscheuchen. Wer einem bösen Geist Räucherpulver opfert, um ihn zu bannen, dass er alles tue, was man verlangt, ist wegen Götzendienst strafbar. Wer von einem Zauberer etwas lernt, selbst Sachen, die das Gesetz betreffen, ist des Todes schludig. Man darf sich nicht in die Haut etwas eingraben (einätzen) mit einer Nadel und dergleichen (eine Schrift oder ein Bild), und mit Sand, Tinte oder Farbe ausfüllen, dass es für immer bleibt; von einem anderen aber darf man solches tun lassen und einem anderen tun; der aber, dem es geschieht, darf nicht dabei helfen. Es ist erlaubt, heiße Asche auf die Wunde zu legen. Man darf seinen Sklaven zeichnen, damit er nicht entlaufen kann. Einige wollen es grundsätzlich nicht erlauben; ist es aber doch geschehen, so ist man nicht strafbar. Wer seinen Leib zerkratzt, ist nur strafbar, wenn er es eines Toten oder eines Götzenbildes wegen tut. Der Unterschied ist der: wenn man es eines Toten wegen tut, so ist man strafbar, ob man es (das Einätzen) mit der Hand oder mit einem Werkzeuge tat; eines Götzenbildes wegen ist man aber nur strafbar, wenn man es mit einem Handwerkzeuge, nicht mit der Hand, tat. Sich zerhauen und zerkratzen eines Toten wegen, ist verboten, wenn der Tote auch nicht gegenwärtig ist. Eines anderen Schmerzes wegen kann man sich zerhauen und zerkratzen. Ein Rabbiner behauptet, mit der Hand auf den Leib schlagen, bis das Blut rinnt, ist erlaubt; ein anderer Rabbiner will es nicht erlauben, ausgenommen, wenn ein berühmter Gelehrter gestorben ist; denn man tut dies nicht seiner Person, sondern der Gelehrsamkeit wegen, die nun verloren geht. Wer sich fünfmal  zerkratzt eines Toten wegen, ist fünfmal strafbar. Eine kahle Stelle am Kopfe machen, sich die Haare ausreißen eines Toten wegen, ist an jeder Stelle des Kopfes verboten, gleichviel, ob es mit der Hand oder durch ein ätzendes Kraut geschieht, die Stelle mag auch nur so groß wie eine Graupe sein. Einige wollen, dass man schon strafbar sei, wenn man sich zwei Haare, nach anderen auch nur ein Haar ausreißt, um eines Toten willen. Hat man sich einmal fünf Toter wegen Haare ausgerissen, so ist man nur einmal strafbar; hat man sich aber eines Toten wegen fünfmal Haare ausgerissen, so ist man fünfmal strafbar. Reißt jemand einem anderen  Haare aus um eines Toten willen, oder zerkratzt ihm das Fleisch und der andere hilft ihm dabei, und beide wissen, dass sie unrecht tun, so werden beide mit 39 Schlägen bestraft; tat es aber einer von ihnen irrtümlich, so wird dieser nicht bestraft. Auch die Weiber dürfen sich nicht Haare ausreißen eines Toten wegen, viel weniger sich das Fleisch zerkratzen; auch muss man sie warnen, dass sie sich nicht an den Haaren reißen, damit sie keine kahle Stelle bekommen; desgleichen, dass sie den Körper nicht zerkratzen.